Wiedersehen-auf-Mallorca - Verlag-Blaues-Schloss

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Kutschke, Joachim
Wiedersehen auf Mallorca
Roman
Kartoniert, 408 Seiten
ISBN 978-3-943556-10-0
Preis: 18,50 Euro



Zum Buch

Susanne findet im Schreibtisch ihres Vaters ein altes Foto, schwarz-weiß, mit gezacktem Rand, wie es nach Kriegsende Mode war. Es zeigt drei lachende, nasse Jungen mit frischen Gesichtern und tropfenden Haaren. Drei magere Bürschchen, die eng umschlungen, mit wachen Augen in die Kamera grinsen. Die Vergangenheit hatte Susanne bisher nicht sonderlich interessiert, aber die jüngsten Ereignisse verknüpften wider Willen Vergangenheit und Gegenwart. Sie wusste, dass einer der Jungen ihr Vater war. Was sie nicht wusste, war, wer dieses Bild am Baggersee geschossen hatte: Hilla, ihre Mutter. Drei Männer, Bernd, Peter und Klaus, ehemalige Jugendfreunde, treffen sich durch Zufall wieder. Sie beschließen spontan, nach so langer Zeit ein Wiedersehen auf Mallorca zu feiern. Doch was als spät zu entzündendes nostalgisches Jugendfeuerwerk der Erinnerungen gedacht war, entwickelt sich zur Katastrophe… Alle drei in Hanau, einer Provinz- und Industriestadt nahe Frankfurt a. M., geboren, waren getrieben vom Optimismus ihrer Jugend, vom festen Willen, dem Elend und den Trümmern der zerstörten Welt zu entkommen. Und so folgten sie brav und gehorsam den Ermahnungen der Erwachsenen, etwas Ordentliches zu lernen. Aber in ihren Köpfen und Herzen spukten ganz andere Phantasien, Träume vom Ausbruch aus provinzieller Enge, von einem anderen Leben. Und alle drei waren damals in Hilla, eine aparte Schönheit, verschossen. Was aus ihrer Liebe, ihren Träumen wurde, wird auf Mallorca noch einmal lebendig. Doch als Peter einige unliebsame, bis dahin streng gehütete Geheimnisse aus ihrer Jugend aufdeckt, kommt es zum Eklat... Das präzise Stimmungsbild einer Generation, die – als zu früh Geborene – den Weg in die 68er Szene nicht finden konnte. Die Biographien dreier unterschiedlicher Charaktere, in deren Lebenswirklichkeit sich die ganze Epoche der Bundesrepublik spiegelt.
 

Der Autor

Joachim Kutschke, 1944 in Darmstadt geboren; Studium der Germanistik, Politikwissenschaften, Pädagogik und Philosophie in Marburg.
Unterrichtete Deutsch, Politik/Gemeinschaftskunde in der Berufsschule, Fachoberschule und Gymnasialen Oberstufe.
Freier Mitarbeiter bei Funk und Presse; schreibt Essays, Satiren, Theaterstücke und Romane


Rezensionen

„Wiedersehen auf Mallorca“

Roman spielt auch in Hanau.
Im Marburger Verlag Blaues Schloss ist jetzt ein Roman des in Hanau aufgewachsenen Autors Joachim Kutschke erschienen. Auf dem historischen Hintergrund der Nachkriegszeit – von der Bombardierung der Städte 1944, der US-Besatzungszeit Hessens über Wiederaufbau und Wirtschaftswunder, die 68er-Rebellion bis zu den Finanzkrisen der aktuellen Gegenwart – wird mit den Lebenswegen dreier unterschiedlicher Charaktere die wechselvolle Epoche der Bundesrepublik nachgezeichnet. Zugleich wird die Lebenswirklichkeit einer Generation gespiegelt, die als zu früh Geborene den Weg in die linke 68er Szene nicht finden konnte. Ein präzises Stimmungsbild deutscher Nachkriegsbiographien, das Bewusstseinspanorama einer sich nach Befreiung aus drängender, provinzieller Enge sehnenden Generation. Zum Inhalt: Susanne findet im Schreibtisch ihres Vaters ein altes Foto, schwarzweiß mit gezacktem Rand, wie es kurz nach Kriegsende Mode war. Es zeigt drei lachende, nasse Jungen mit frischen Gesichtern und tropfenden Haaren. Drei magere Bürschchen, so um die vierzehn Jahre alt, die eng umschlungen mit wachen Augen in die Kamera grinsen. Die Vergangenheit hatte Susanne bisher nicht sonderlich interessiert, aber die jüngsten Ereignisse verknüpften wider Willen Vergangenheit und Gegenwart. Sie wusste, dass einer der Jungen ihr Vater war. Was sie nicht wusste, war, wer dieses Bild am Baggersee geschossen hatte: Hilla, ihre Mutter. Drei Männer, Bernd, Peter und Klaus, ehemalige Jugendfreunde, treffen sich durch Zufall wieder. Sie beschließen spontan, nach so langer Zeit ein Wiedersehen auf Mallorca zu feiern. Doch was als spät zu entzündendes nostalgisches Jugendfeuerwerk der Erinnerungen gedacht war, entwickelt sich zur Katastrophe… Alle drei in Hanau geboren, waren getrieben vom Optimismus ihrer Jugend, vom festen Willen, dem Elend und den Trümmern der zerstörten Welt zu entkommen. Und so folgen sie brav und gehorsam den Ermahnungen der Erwachsenen, etwas „Ordentliches zu lernen und etwas Anständiges zu werden“. Aber in ihren Köpfen und Herzen spuken ganz andere Phantasien, Träume vom Ausbruch, von einem anderen Leben. Alle drei waren damals in Hilla eine aparte Schönheit – verschossen. Was aus ihrer Liebe, ihren Wünschen und Träumen wurde, wie ihre Lebenswege im Nachkriegsdeutschland verliefen, erfährt der Leser durch ihre Gespräche und Erinnerungen auf Mallorca. Aber als Peter einige unliebsame, bis dahin streng gehütete Geheimnisse aus ihrer Jugend aufdeckt, kommt es zum Eklat… Der Autor Joachim Kutschke wurde 1944 in Darmstadt geboren; Seine Kindheit und die Jugend verbrachte er in Hanau und Frankfurt. (pm/how)


Wiedersehen auf Mallorca

Das Schicksal von Peter, Klaus und Bernd weckt viele Erinnerungen an meine eigene Biografie. Heute (2015) bin ich 71 Jahre alt und kenne das Gefühl zurückzublicken, alte Freunde wiederzutreffen und Erlebtes aufzuarbeiten. Kurz vor Weihnachten erreichte mich die Nachricht, dass eine Klassenkameradin, die ich sehr gerne hatte, mit ihrem Mann tödlich verunglückt ist – ein Film der Gemeinsamkeiten läuft ab, und plötzlich fehlt einer der lieben Menschen, die mich bis heute begleitet haben.
1968 war ich Student in Marburg, ich studierte bei Abendroth Politik und war mittendrin, nicht immer überzeugt, aber aktiv. Und was ist aus allem geworden? Viele meiner Gedanken werden im Roman ausgesprochen. Wo blieb unser Bezug zur Mittelschicht? Warum bekämpften viele Radikale das Kapital in einer Zeit wirtschaftlicher Entwicklung?
Bernd, der Autoverkäufer, Klaus, der Angestellte in einer seriösen Bank, und Peter, der Versicherungsvertreter, sind sehr plastisch beschriebene Vertreter einer Mittelschicht, die nach den Schrecken des Weltkrieges als neue Generation Selbstbewusstsein entwickeln konnten und irgendwie zufrieden waren.
Allerdings, und das kenne ich zu gut, waren sie am Ende ihrer beruflichen Tätigkeiten auch mit dem Älterwerden konfrontiert. Da blickt man, und das ist sehr anschaulich beschrieben, auf die zunehmenden eigenen körperlichen Schwächen, auf die Straffheit der Haut, den nicht zu übersehenden Bauch, Und auf das Erreichte, die Immobilie, den Stand in der Gesellschaft, die beruflichen Erfolge, aber auch das Unerreichte, verpasste Gelegenheiten, verwelkte Liebe. Dass Klaus, Bernd und Peter noch einmal ihre Jugend Revue passieren lassen wollen, ist gut nachvollziehbar. Ich habe den Roman auch als Warnung gelesen, dass dieses Ansinnen gründlich schief gehen kann (zumal nur Bernd richtig dahinter stand). Irgendwie haben die drei ausgeblendet, dass sie alt und sich fremd geworden sind.
Beim Lesen habe ich festgestellt, die Geschichte der drei Jugendfreunde steigert sich in seiner Dramatik: Der Roman wird zunehmend spannender. Zum Schluss überschlagen sich die Ereignisse; Gleich zwei Tote, ist das nicht etwas zu viel? Auf jeden Fall hat Peter viel zu verkraften. Ich kann gut nachvollziehen, dass Peter nachdenklich wird, sich an seine eigene Biografie (vor der er weitestgehend die Augen verschlossen hat) erinnert, sogar Kontakte zu seinem Halbbruder Shawn aufnehmen will und zum Glück davon ablässt.
Immer wieder wurde ich beim Lesen in den Bann der drei ehemaligen Freunde gezogen, in ihr Inneres, das so genau beschrieben wird. Manchmal, vor allem zum Schluss, hatte ich, vielleicht weil meine Konzentration beim abendlichen Lesen nachließ, die Schwierigkeit, um welche Person es sich gerade handelte. Ich gehe davon aus, dass das ein bewusster schriftstellerischer Trick war... Die jüngere Lesegeneration wird erstaunt feststellen, wie sich die Moralvorstellungen in unserer Gesellschaft gewandelt haben, wie zum Beispiel Homosexualität, voreheliche Schwangerschaft oder Selbstbefriedigung in den Nachkriegsjahren unterdrückt und an den Pranger gestellt wurden und von nicht Wenigen auch heute noch werden.
Insgesamt hat mich der Roman gepackt, ich fand mich oft wieder und sah die von mir miterlebte damalige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung noch einmal aus anderen Perspektiven erhellt.
Besonders ideenreich fand ich die Frage nach der Vaterschaft Susannes. Hillas unterschiedliche Beziehung zu den drei Jugendfreunden möchte ich als „geniale " schriftstellerische Idee bezeichnen. Ja, da bleibt noch die Rahmenhandlung, das Foto der vier Jugendlichen ‑ eine sehr gelungene Hinführung zum Geschehen vor und auf Mallorca und ein sehr gelungener Ausklang. Was mag das Foto bei Peter bewirken...


Gerhard Sonntag, Vellmar


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