Dahlke, Stephan
Seelenspiegelungen
Kartoniert: 90 Steiten
ISBN 978-3-943556-62-9
Preis 9,50 €
Zum Buch
Wie oft wurde eine literarische Form für tot erklärt. So ist es auch dem Triolett ergangen. Und das über Jahrhunderte.
Als Liedform erscheint es bereits im 13. Jahrhundert in Frankreich als rondel sangle beziehungsweise rondel simple, wird vom Rondeau abgelöst, verschwindet fast wieder gegen Ende des 16. Jahrhunderts, um dann im 17. Jahrhundert, zum Beispiel bei La Fontaine, wieder aufzutauchen. In der Goethezeit und in der deutschen Romantik erscheint das Triolett wieder, zum Beispiel bei Goethe, Schlegel, Rückert und Platen. Im 19. Jahrhundert wurde die Form von Théodore de Banville wiederbelebt und auch von Arthur Rimbaud übernommen. Im 20. Jahrhundert verschwand sie wieder und erschien aber erneut mit dem New Formalism in den USA. Die Wiederentdeckung des Trioletts geschah allerdings im Regelfall nicht in Form einer mehr oder weniger nolstalgischen Rückschau, sondern in Verbindung mit ganz neuartigen Her-ausforderungen der Gegenwart, was stets zu einer Neuinterpretation dieser Form geführt hat.
So auch hier. Dieser Gedichtband setzt die Erneuerung des Trioletts fort. Er besteht aus zwei unterschiedlich konzipierten, sich aber ergänzenden Teilen. Der erste Abschnitt, Seelenspiegelungen, beinhaltet einen Zyklus von Trioletten, in dessen Rahmen in drei Unterabschnitten jeweils verschiedene Aspekte beleuchtet werden. Im zweiten Teil, Symbol und Vernichtung, werden freiere Formen verwendet.
Die Konzeption der Gedichte basiert durchgängig auf der Überzeugung, dass die dichterische Form keine Einschränkung der künstlerischen Möglichkeiten darstellt, sondern dass sich im Idealfall Form und Inhalt zu einem präzisen Ausdruck verbinden sollten, der dann die sprachliche Erfassung von Empfindungen, Eindrücken, aber auch traumatischen Erlebnissen erlaubt, die sich der Beschreibung durch die Alltagssprache weitestgehend entziehen.
Die Kraft der Empfindung, die Stärke der Eindrücke, die Wucht der Erlebnisse mögen verpuffen oder ins Leere schießen. Gefasst, erfasst und umfasst in einer adäquaten Form werden die ihnen innewohnenden Strukturen und Charakteristika dennoch sichtbar und erfahrbar gemacht.
Der Autor
Der gebürtige Bremer Stephan Dahlke lebt seit 2002 in Marburg. Nachdem er als Wissenschaftler an verschiedenen Universitäten, unter anderem in Berlin, Aachen und South Carolina gearbeitet hat, ist er nunmehr als Professor für Mathematik an der Philipps-Universität tätig.