Pressestimmen
Geburtstagssoirée
Ständchen für den Vorsitzenden
Ludwig Legge, seit 39 Jahren Vorsitzender der Neuen Literarischen Gesellschaft (NLG), wurde am Montag 75 Jahre alt. 80 Gäste kamen am Sonntagabend zu der Geburtstagssoirée, die die NLG im Café Vetter veranstaltete.
Im Kreise von Freunden und Weggefährten: Tenor Theo Hoffmeyer (oben von links), Pianistin Roswitha Aulenkamp, Ludwig Legge, Verleger Karl Heinz Symon, Professor Horst Schwebel, Dr. Justus Noll, Sopranistin Naomi Menkhaus und Legges Bruder
Dr. Wilhelm Ziehr.
© Manfred Schubert
Dr. Wilhelm Ziehr.
© Manfred Schubert
Viel Musik, literarische Texte und Lyrik, insbesondere vom Jubilar selbst geschriebene, standen im Mittelpunkt des fast dreistündigen Programms. Höhepunkt war dabei sicherlich die Verbindung von beidem in Form einer Uraufführung. Dr. Justus Noll, langjähriger Freund und Weggefährte, hat fünf jüngere Gedichte Ludwig Legges vertont und zu einem Nachtstück unter dem Titel „Notturno, blau“ zusammengeschlossen. Beginnend am Nachmittag, beschreiben sie das Fortschreiten der Nacht.
„Ich verwende Jazzharmonik, obwohl es kein Jazz ist, im letzten Teil werden sie sich an Bach erinnert fühlen“, stimmte Noll die Hörer auf die Komposition ein, die von einem kleinen Ensemble unter Leitung von Reinhart Pohl aufgeführt wurde. Noll selbst spielte Klarinette und Bassklarinette, Naomi Menkhaus verlieh den Versen mit ihrem glockenhellen Sopran intensiven Ausdruck.
Das Publikum applaudierte lange beeindruckt und Legge war sichtlich angetan von der, wie er fand, „gelungenen und sicher nicht einfachen Umsetzung seiner Lyrik“. Er hatte zuvor einige dieser Stücke aus seinen soeben erschienen dritten Gedichtband „Chimären in der Warteschleife“ gelesen und erläutert, dass mit Chimären Dinge gemeint seien, die wir tagsüber verdrängen und die uns nachts heimsuchen. Legge dankte dem Gründer des neuen Marburger Verlages „Blaues Schloss“, Karl Heinz Symon, für den Mut, als erstes seinen Lyrikband zu veröffentlichen.
Den Abend eröffnet hatte als Laudator Professor Horst Schwebel, der zwar meinte, nicht zu wissen, was es nach der „großartigen Würdigung Legges in der OP“ noch viel zu sagen gebe, aber dann doch das beeindruckende Wirken Legges in der NLG Revue passieren ließ. Etwa 1200 Autoren, deren Bedeutung sich oft erst im Nachhinein manifestierte, hat Legge in dieser Zeit kennen gelernt. Beispielsweise Erich Loest, dessen Biografie sich mit acht Lesungen im Café Vetter verbunden habe.
Vielen Gästen war nicht bewusst, dass es sich bei dem aus Wilhelmshorst bei Potsdam angereisten Dr. Wilhelm Ziehr um den jüngeren Bruder Legges (Künstlername) handelte, denn dies wurde nicht erwähnt. Dr. Ziehr betrachtete Legges Gedichte aus dem 1971 erschienenen Band „Untermorgen, übergestern“. Unter der Prämisse „Literatur ist Kunst und Kunst bedeutete Allgegenwart“ versuchte er die Aktualität der damals entstandenen Texte zu beleuchten. Sie „wirken noch modern im heutigen literaturtheoretischen wie zeitgenössischen Sinn des Wortes“ und man könne sie „mit Gewinn annehmen und mit Vergnügen in sich weiter dichten“. Einen solchen „Selbstversuch als Geburtstagsgruß“ hatte Ziehr im Rückgriff auf das Kapitel „Tagläufe“ unternommen und zahlreiche Wortbildungen mit „Tag“ vorgenommen, die schließlich im „Leggetag“ kulminierten.
Weitere musikalische Beiträge vom Tango bis zu Klezmerstücken kamen von Angelika Pierson (Flöte), Mascha Koller (Viola) und Justus Noll (Klavier). Roswitha Aulenkamp begleitete den Tenor Theo Hoffmeyer auf dem Klavier bei italienischen Arien und Kanzonen und improvisierte auf Wunsch von Legge über „Lippenschweigen“ aus „Die Lustige Witwe“. Der Gießener Schauspieler Rainer Domke trug Gedichte und Texte von Gottfried Benn, Hans Magnus Enzensberger und Ernst Jünger sowie von Ludwig Legge vor.
von Manfred Schubert
Oberhessische Presse, 5.12.2011